9.5.2024

Beschleunigung von Vertragsverhandlungen für klinische Prüfungen in Deutschland durch neue Mustervertragsklauseln?

Dr. Henning Mennenöh

Vertragsverhandlungen zur Durchführung einer klinischen Prüfung dauern in Deutschland im Durchschnitt deutlich länger als in vielen anderen Ländern der EU. Um dazu beizutragen, die Verhandlungsdauer zu beschleunigen und den Forschungsstandort Deutschland attraktiver zu machen, haben mehrere Verbände und Vereine, die Universitätskliniken, Medizinische Fakultäten, Koordinierungszentren für Klinische Studien, pharmazeutische Unternehmen und Auftragsforschungsunternehmen vertreten, im November 2023 aktualisierte Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen veröffentlicht.

Zusätzlich zu den erstmals im Jahr 2019 veröffentlichten Klauseln (Veröffentlichungen, Vertrauliche Informationen, Markenklauseln/Namensnutzung, Haftung, Audits/Inspektionen, Archivierung, Überlassene Geräte oder Materialien und Beendigung/Kündigung) enthalten die Ende 2023 ergänzten Mustervertragsklauseln jetzt auch Regelungen zu den Rechten an Ergebnissen (einschließlich Vergütung von Erfindungen) und zum Datenschutz.

Keine Bindungswirkung der Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen

Die Nutzung dieser Klauseln steht im Ermessen der Vertragsparteien. Anders als in einigen europäischen Ländern (z.B. Großbritannien, Spanien und Frankreich) gibt es in Deutschland keine für die Beteiligten ganz oder teilweise verbindlichen Musterverträge oder Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen. Nach dem Entwurf eines Medizinforschungsgesetzes der Bundesregierung vom 27. März 2024 soll durch die Einfügung eines § 42d AMG eine rechtliche Grundlage für die Veröffentlichung von Standardvertragsklauseln für die Durchführung klinischer Prüfungen durch das Bundesgesundheitsministerium geschaffen werden. Regelungen, nach denen die Nutzung der Mustervertragsklauseln den Beteiligten empfohlen oder ihre Verwendung verbindlich gemacht wird, finden sich in diesem Gesetzentwurf allerdings nicht.

Nutzung der Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen in Vertragsverhandlungen

Aus Umfragen der an der Erarbeitung der Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen beteiligten Verbände bei ihren Mitgliedern im Jahr 2023 ergibt sich, dass die einzelnen Regelungen der Mustervertragsklauseln in der Praxis bei den Vertretern der Auftraggeber und der Prüfzentren unterschiedliche Akzeptanz fanden. Einige Klauseln (z.B. Veröffentlichungen und Vertrauliche Informationen) wurden auf beiden Seiten häufiger genutzt, während andere Klauseln (insbesondere Haftung) eher in Einzelfällen als Rückfallposition bzw. Grundlage für Kompromisslösungen verwendet wurden. Interessant wird sein, inwieweit die neuen Regelungen zu den häufig umstrittenen Themen Erfindervergütung und Datenschutz in der Praxis zu einer Beschleunigung der Vertragsverhandlungen für klinische Prüfungen in Deutschland beitragen können.

Andere wichtige Faktoren für die Dauer der Vertragsverhandlungen für klinische Prüfungen

Die erstaunliche Bandbreite der Dauer solcher Verhandlungen in Deutschland nach den genannten Umfragen (von wenigen Wochen bis zu mehr als 20 Monaten) lässt erkennen, dass auch andere Faktoren einen erheblichen Einfluss auf die Verhandlungsdauer haben. In der Praxis hat sich gezeigt, dass vor allem die Qualität der verwendeten Musterverträge, die Vorbereitung von Alternativ- und Fallback-Klauseln und von auf den individuellen Vertragspartner zugeschnittenen Musterverträgen, Erfahrung und Kontinuität der an den Vertragsverhandlungen für klinische Prüfungen beteiligten Personen und das direkte Gespräch zwischen den auf beiden Seiten beteiligten Juristen einen schnelleren Vertragsabschluss ganz wesentlich erleichtern können.